Donnerstag, 19. Februar 2015

Die Pups-Affäre

"Zwei Männer sitzen nebeneinander in der Bahn und müssen beide gleichzeitig pupsen. Gegenüber sitzt eine hübsche Frau und sie versuchen sich gegenseitig den Pups in die Schuhe zu schieben. Was sagen sie?"

Oh oh. Da ist es passiert. Ich höre einen leisen Luftzug, der kurz darauf von einem unangenehmen Geruch gefolgt wird. Ich sehe von meinem Buch auf und werfe jedem der beiden Männer, die mir gegenüber sitzen, einen prüfenden Blick zu. Dem einen der beiden - er wirkt deutlich jünger, als der andere, und auch deutlich gepflegter, wenn ich das anmerken darf - schießt sofort die Röte ins Gesicht und er schaut zu Boden. Der andere, ein unrasierter Sack mit fettigen Haaren, grinst hämisch und wendet sich an den jüngeren: "Gab wohl heute Bohnen zu Mittach, wa?", grunzt er. 
Der Angesprochene schaut ihn überrascht an, für ein paar Sekunden sprachlos, doch dann ziehen sich seine Brauen unheilvoll zusammen. Erwartungsvoll klappe ich das Buch zu und beobachte den Kleinen dabei, wie er sich eine gute Erwiderung überlegt. Das hier ist viel unterhaltsamer als mein Roman. 
"Aber nicht bei mir...", antwortet der jüngere mit einem bedeutungsvollen Blick zu mir und einem Kopfnicken in die Richtung des anderen Mannes. Schade, etwas besseres fällt ihm nicht ein? Diese Runde geht eindeutig an Räuber Hotzenplotz hier. Sonnenscheinchen scheint das auch bemerkt zu haben, denn er ändert seine Taktik. 
"Sie können jedenfalls sagen, was Sie wollen, wir wissen beide, dass das Sie waren und nicht ich." Hotzenplotz schnaubt. "Ach ja? Und wie willst du das beweisen?" 
Anscheinend hat Sonnenscheinchen darauf nur gewartet, denn mit einem triumphierenden Grinsen sagt er nun folgenden eindeutig-aus-dem-Glückskeks-geklaut-Spruch: "Wer es zuerst gerochen, dem es aus dem A gekrochen!" Wow, welch konfuzianische Weisheit. Das hätten Erstklässler nicht besser hinbekommen. Ich bin beeindruckt. Dennoch: Ausgleichstreffer würde ich sagen. 
Das kann Hotzenplotz jetzt auch nicht mehr mit seinem kläglichen Versuch retten. "Wer sagt denn, dass ich es zuerst gerochen hab?" Uh, Steilvorlage, böser Fehler. Würde Sonnenscheinchen den verwandeln? 
"Na ja, immerhin waren Sie ordinär genug, eine Bemerkung über Bohnen zu machen. Vielleicht wollten Sie damit nur von sich ablenken? Vielleicht sind Sie auch ordinär genug, um in der Bahn einen fahren  zu lassen." 
Ich muss unwillkürlich kichern ob des unbeabsichtigten Wortwitzes. Ich merke, dass Hotzenplotz das gar nicht lustig findet, als ich seinen Blick auffange, und er sagt "Hey, wir wollen jetzt aber nicht persönlich werden, Kleiner!" 
Sonnenscheinchen zieht eine Augenbraue in die Höhe und es sieht so aus, als würde er liebend gerne eine passenede Erwiderung loslassen. Doch dann besinnt er sich offenbar und schaut stattdessen mich an. "Warum sind Sie nicht unser Schiedsrichter? Wem glauben Sie eher?" 
Ich schaue ihn überrascht an, denn damit hatte ich nicht gerechnet. Ich höre, wie meine Station durchgesagt wird und wir fahren in den Bahnhof ein. Mit einem Grinsen antworte ich, an beide gewandt: "Ich weiß gar nicht, warum Sie so ein Theater veranstalten. Ich weiß so gut wie jeder hier, dass Sie beide gepupst haben." Und ich stehe auf und steige aus und lasse Hotzenplotz und Sonnenscheinchen sprachlos zurück.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen